Nur wenige der Kneiß-Karikaturen (veröffentlicht im Bayerischen Zeitungsblock) befassen sich mit Weihnachten; sie entstanden zwischen 1928 und 1932. Danach war es wohl nicht mehr gern gesehen, ein christliches Fest zu erwähnen.

Die Reihenfolge der Bilder ist nicht direkt chronologisch; sie folgt dem Ablauf im Dezember/Januar.

Der Nikolaus aus Berlin

Der Nikolaus aus Berlin (1929)

Der Nikolaus: „Siehst du kleiner Michel, wenn du nicht so ein gutes Kind wärst und ich nicht so ein braver Nikolaus, würdest du alle diese schönen Sachen nicht haben!“

Im Dezember 1929 war der „Schwarze Freitag“ zwar schon geschehen; für Deutschland waren aber die Reparationsforderungen der Entente noch vordringlich. Dafür war ab Juni 1929 der Youngplan ausgearbeitet worden, weshalb auf dem Nußknacker im Vordergrund „Youngplan“ steht.“Sklareck Pelze“ bezieht sich auf einen Korruptionsskandal, der damals die Republik erschütterte. Siehe Sklarek-Skandal auf Wikipedia.

Deutsche Weihnachten (1928)

Der kleine Michel: „Was fehlt denn ’n Vatern an der Hand?“
Die neue Mutter Germania: „Laß’n Vatern, Michä, der hat in Lugano z’fest auf’n Tisch g’haut, jetzt hat er a g’schwollene Hand!“

Aus dem Grammophon-Trichter schallt: Wer hat den Käse nach Lugano gerollt“. Bei einer Völkerbunds-Konferenz in Lugano hatte Gustav (Stresemann) voller Erregung auf den Tisch geschlagen.

Deutsche Weihnachten
's Christkindl kimmt (in Stiefeln durch den Morast)

’s Christkindl kimmt (1929)

„’s Christkindl kimmt“, so wischbern staad,
De Kinda volla Freud
Und schaugn auf d‘ Nacht zum Fenster naus,
In Himmi nauf so weit.

Ja Kinderl, ’s Christkindl tuat se schwar,
Bis ’s desmoi kimmt zu Enk
Und bringt Enk olle mitanand
Dös langbegehrte Gschenk.

 

In Deutschland liegt so tiaf da Dreck
Moralisch und aa sunst
Daß Durchifindn auf’n Weg
Sogar fürs Christkind is aa Kunst.

Es is no grad a rechtes Glück,
Daß d‘ Stiefin san modern
Sunst könnt Enk heuer sicherlich
Das Christkind nöt bescheern!

Dr. A.(dlmaier)

 

Deutsches Christkindl 1931

Kling, Kling, es kommt der Postbot‘ rein,
Das Christkind wär‘ jetzt da.
Da freut sich sicher groß und klein
Bei Kerzenglanz und Gloria.

Doch diese „Basler Leckerle“,
Die hamm a fades Gschmäckerle
Und riechen ganz verdächtig
Und gar nicht weihenächtig.

Auch sunst is vieles nicht im Lot,
Der Micherl hat sei liebe Not
Mit seiner neuen Zählmaschin‘,
Er bringt’s halt gar net richtig hin.

Trotzdem, es brennt ein helles Licht,
O deutsches Volk, verzage nicht,
Für alle Völker nah und fern
Erglänzt von Bethlehem der Stern.

Kunz.

Der Postbote klingelt an der Tür : Brüning öffnet

Seit März 1930 versuchte Heinrich Brüning (im Schlafrock) als Reichskanzler durch Notverordnungen den drohenden Untergang der Weimarer Republik zu verhindern. Der Postbote kommt vermutlich im Auftrag Frankreichs, das im Hintergrund entsprechend personifiziert wird.

 Die neudeutschen Sternsinger

Am 28. Oktober 1929 unterzeichnete der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer den Vertrag über den Bau des Ford-Werkes auf einem Gelände in Köln-Niehl.
Bata war eine große tschechische Schuhfirma, die um 1930 zum Weltmarktführer aufstieg.
Der schwedische Industrielle Ivar Kreuger bot 1930 der Reichsregierung eine günstige Anleihe an, wenn im Gegenzug sein Zündholz-Konzern in Deutschland Monopolrechte erhalten würde.

 

Die neudeutschen Sternsinger

Der erste, der trägt einen güld‘nen Stern,
Viel Dollar begleiten den großen Herrn,
Und weit in die Welt klingt von ihm das Lied
Als Gabe bringt er ein Auto mit.

Der zweite, der handelt mit Stiefelwichs,
Is Böhm, wos sich singt von die neue Trix,
Sein Stiefel, den trägt er ins deutsche Land,
Dös Gsangl, mei Liaba, is allerhand.

Der dritte, der zünd‘t uns a Lichterl auf,
Es steht auf de Zündhölzlschachterl drauf.
Jetzt kennt ma s‘ erst richtig, die deutsche Nacht,
Seitdem uns der Kreuger dös Gsangl gemacht.

Vorbei sind die Zeiten so wunderschön,
Wenn Buben im Dorfe als Sternsinger gehn.
Es kamen drei König vom Morgenland –
Ja, Michel, so san mir heut beianand!

Kunz.