Das Schnauferl
und der "Allgemeine Schnauferl-Club"Der „Radfahr-Humor“ wurde ab Nummer 9 des Jahrgangs 1900/01 noch in „Automobil- und Radfahr-Humor“ umbenannt; trotzdem war am 28. September 1901 damit Schluss. Emil Kneiß war ab 1900 in Nürnberg tätig und traf dort mit einigen automobilbegeisterten Herren zusammen. Aus deren geselliger Runde, die sich zunächst „Allgemeiner Spargel-Club“ nannte, entstand wenig später der „Allgemeine Schnauferl-Club“, der sich als humorvolle Alternative zu den anderen, eher ernsten Automobil-Clubs verstand. „Schnauferl“ war der in Süddeutschland entstandene Ausdruck für diese neuen selbstbewegenden Fahrzeuge; die Bezeichnung „ASC“ konnte weiterhin verwendet werden. Der Spargel im Vereinswappen wurde durch einen Einzylinder-De Dion-Motor ersetzt; ab 1902 gab es dann auch eine Zeitschrift „Das Schnauferl“, die von Richard Braunbeck und Emil Kneiß redigiert wurde. Gustav Braunbeck, der ältere Bruder von Richard, war der erste Vorsitzende des ASC und Herausgeber des „Schnauferls“.
Den ersten Automobilen brachte man von Seiten des Radfahr-Humor noch keine besondere Sympathie entgegen; Kneiß‘ erste Idee 1898 war sogar, diese für das Militär mit Panzerung zu versehen. Aber auch als Kinderwagen oder Hilfe für schwache Eisenbahn-Lokomotiven wollte man sie akzeptieren.
Nur zaghaft wuchs die Sympathie für diese neuen Fahrzeuge; man sah vor allem noch die negative Seiten. Wie die Fahrräder mussten Autos in das Leihhaus gebracht werden und es wurden Tiere überfahren. War es positiv, wenn man von der Salvator-Quelle kommend, einen „Affen sitzen“ hatte und von diesen heimgefahren wurde?
Ist hier der Bann gebrochen? Mit dem „Schnauferl“ könnte man vom Wirtshaus heimfahren, aber das Lenken darf man nicht mehr den Pferden überlassen!
Ein Auto wird bereits als „Schnauferl“ bezeichnet; Emil Kneiß signiert ‚Nbg.‘, da er gerade in Nürnberg tätig ist.
Nun ist offensichtlich der „Allgemeine Schnauferl Club“ gegründet worden (18. Juni 1900), der nun gleich ein Denkmal für „Benzinius, den Fortschrittlichen“, den „grossen Förderer des Automobilissmus“ errichtet. Aus dem „All Heil!“ der Radfahrer wird ein „Auto Heil!“; an den Ecken des Denkmals stehen Nachbildungen des De Dion-Einzylindermotors, der auch im Wappen des Schnauferl-Clubs verwendet wird. Das Automobil ist einem Wagen der Firma De Dietrich nachempfunden, dessen Design Emil Kneiß wohl besonders gefiel.
Hat sich der „Radfahr-Humor“ gerne mit dem gespannten Verhältnis Polizei-Radfahrer befasst, so gilt die Aufmerksamkeit jetzt dem Kampf zwischen Polizisten und Autlern. Eine der ersten Zeichnungen von Emil Kneiß für „Das Schnauferl“ nimmt eine Idee von Richard Braunbeck auf. Die Polizei ist voll damit beschäftigt, Autler zu „fangen“, die schneller als die vorgeschriebenen 10 km/h fahren. Taschendiebe, Bettler und Streithähne bleiben unbehelligt, während die Polizisten, mit Rollschuhen und Enterhaken ausgerüstet, auf Autofang gehen.
Bereits ab Nummer 7 wurde für „Das Schnauferl“ die Zielgruppe vom ‚Autler-Humor‘ zum ‚Sport-Humor‘ geändert. Fortan bemühte sich die Redaktion, auf andere Sportarten einzugehen, denn mit zunehmender Freizeit der Arbeiter gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Sport vermehrt zur Freizeitbeschäftigung immer breiterer Schichten. Ein Markstein dieser Entwicklung sind die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit, die 1896 in Athen ausgetragen wurden.
Schon im „Radfahr-Humor“ gab es Karikaturen, die keine besondere Wertschätzung des seit etwa 1890 aufkommenden Fußballspiels erkennen ließen. Dieser Mannschafts-Sport musste sich erst gegen das bis dahin in Schule und Militär fest verankerte Turnen durchsetzen.
Ringen war schon bei den antiken Spielen in Olympia ein Bestandteil des Fünfkampfs; bei den ersten Spielen der Neuzeit war es wieder eine Disziplin. Übrigens wurden dabei auch Wettkämpfe im Radfahren ausgetragen.