Anpassung
der Bevölkerung und der RedaktionDie Redaktion des „Bayerischen Zeitungsblocks“ war dem Willen des Verlegers gemäß bis zum Januar 1933 der christlichen Weltanschauung und einer vaterländischen Gesinnung verbunden. Der Hauptschriftleiter Dr. Conrad Adlmaier, der aus der Trachtenbewegung kam, war ein Garant dafür. Ob er schon am 1. Februar 1933, wie er selbst angab, oder erst ab 1. Juli, wie es der Zeitungskopf besagte, seines Postens enthoben wurde, ist nicht nachprüfbar. Zumindest bis zum „Röhm-Putsch“ 1934 fanden sich in der Zeitung noch Karikaturen, die auch noch einen anderen Blickwinkel erlaubten.
Am 18. Februar 1933 nahm man die angekündigte Entsendung eines Staatskommissärs nach Bayern noch nicht unbedingt ernst; Fritz Schäffer erklärte zu diesem Zeitpunkt, man werde jeden solchen Kommissär aus Berlin noch an der Grenze verhaften.
Diese Zeichnung, am 29. April 1933 abgedruckt, kann zunächst, auf Grund des Begleitgedichts, als Nazi-Freude über die Verhaftung des Sohnes von Kurt Eisner verstanden werden. Eine diesbezügliche Meldung stand aber nicht in der Fürstenfeldbrucker Zeitung“; dort wurde nur die Verhaftung der Witwe Eisners in Peterszell (Schwarzwald) gemeldet.
Dem Betrachter unserer Tage erscheint diese Karikatur (vom 12. August 1933) voller Spott und Hohn gegenüber dem langjährigen Präsidenten des Reichstags, Paul Löbe (SPD), der sich zu diesem Zeitpunkt im KZ Breslau-Dürrgoy befand. In den Zeitungen des „Bayerischen Zeitungsblocks“ wurde diese Tatsache jedoch nicht direkt gemeldet. Die Verschleppung von Paul Löbe geschah bei der sog. „Köpenicker Blutwoche“ (Juni 1933), bei der etwa 500 Gegner des Nationalsozialismus von der Köpenicker SA-Standarte 15 gefangengenommen, gedemütigt, gefoltert und teilweise sogar ermordet wurden.
Zu beachten ist auch die Darstellung eines KZ-Stacheldrahtzaunes, hinter dem Paul Löbe mit einer Schaufel arbeiten muß. In den Zeitungen des „Blocks“ gab es am 25. März 1933 ein nur eher harmloses Bild des KZ Dachaus.
Die erste (von insgesamt 359) Ausbürgerungslisten wurde am 23. August 1933 veröffentlicht; die betroffenen Männer und Frauen hatten zu diesem Zeitpunkt aber bereits Deutschland schon verlassen. Dem Text zum Trotz lässt die Zeichnung ein gewisses Mitleid erkennen, z.B. mit Philipp Scheidemann, der zu diesem Zeitpunkt 68 Jahre alt war.
Herr Meier war stets liberal
Und bürgerlich gesonnen,
Bis er im März dann auf einmal
Für Hitler ward „gewonnen“.
Wahrscheinlich zwar nur äußerlich –
Wer kann ins Innre sehen?
Ein „kluger“ Mann wird sicherlich
Stets mit der Mehrheit gehen.
Der Hitler-Gruß zwar fällt ihm schwer
Der alten Freunde wegen …
Es könnte sich doch der und der
Darüber noch erregen.
Und andrerseits scheint ihm, er muß
Den rechten Arm erheben –
So kombiniert er denn den Gruß
(Herr Meier paßt ins Leben.)
Die Stammbaumforschung
Der Astl-Sepp, der ist bekannt,
Daß er im Wald ringsumanand
Sich ’s Holz z’sammholt, dös was a braucht,
Daß bei eahm aa der Ofen raucht.
…
Der Förster kennt ihn, den Patron,
Denn diam da hat den Sepp er schon
Erwischt, wia der hat aus’m Wald
Sich hat a Holz g’holt mit Gewalt.
Heut trifft er’n wieder an den Sepp –
„Di fang i jetzt, bin i koa Depp!“
Denkt sich der Förster und fragt aus:
„Sepp, was treibst heut im Wald herauß‘?“
„Was i im Wald treib da heraus?
Wenn i dir’s sag, na lachst mi aus!
Doch glaub’s, auf Ehr und Seligkeit –
Ich treib bloß Stammbaumforschung heut!“
Die nachfolgenden Karikaturen, im März 1934 abgedruckt, erwiesen sich bei ihrer Deutung zunächst als schwierig, da ja nur von der Reichstagswahl am 5. März 1933 die Rede war. Im Gefolge dieser Wahl wurden aber am 9. März 1933 in Bayern auf vielen Rathäusern Hakenkreuzfahnen aufgezogen, auch gegen den Willen der bisherigen, noch amtierenden Bürgermeister. Und an diesem Tag erschien auch der Reichskommissär Ritter v. Epp in Bayern; die Tage der Regierung Dr. Held waren damit gezählt.
1934 wies man auf diesen Tag erneut hin und erklärte ihn euphemistisch zum Tag der „nationalen Erhebung“. Die Karikaturen und das Gedicht freilich nehmen Bezug auf die nach dem 9. März erfolgten massenhaften Eintritte in die NSDAP, vor allem von Opportunisten, aber nicht zuletzt auch von Beamten und staatlichen Angestellten, denen ein Beitritt bis dahin verboten war und die um ihre Anstellungen fürchteten.
„Die Nazi, ach die Nazie, die
Mit ihrer blassen Theorie,
Die wer’n die Welt nicht beißen
Und nie die Kiste schmeißen!“
So sagt Herr Zwizzerlmoser schlau
Und geht vorüber – sein Geschau
Ganz stolz nach vorn gewendet,
Wo sein Parteidunst endet.
Es kam die Wahl vom 5. März,
Und beinah‘ wäre ihm sein Herz
Vor Schreck dorthin g’fallen,
Wo sonst nur Düfte wallen.
Denn solch Ergebnis, das war ja
Ganz gegen alle Lehren da!
Wo bleibt denn die Demokratie?
„Ist das noch recht und richtig, wie?“
Doch immerhin erwäget er,
was jetzt gut und zu machen wär‘,
Und kommt dabei zu diesem Schluß:
Das Dritte Reich noch weit vom Schuß!
Indessen zeigte Zwizzerlmoser
Sich wiederum als ziemlich großer,
Ganz volkesfremder Zeitgenosse,
Weshalb es gab für ihn die große
Neuüberraschung über Nacht,
Die uns der 9. März gebracht.
Doch jetzo ist er gleich gewandelt,
Denn nun ist’s Zeit, daß man anbandelt
Mit denen, die in Zukunft werden
Das deutsche Volk regier’n auf Erden,
Damit man schließlich nicht noch gilt
Als Mensch, der nicht einmal im Bild.
Dagegen wär‘ nicht viel zu sagen;
Doch tut ihn heute jemand fragen,
Wie lange er bei der Partei,
War bei der Feldherrnhall‘ er schon dabei!