Bei Titus Livius lesen wir in seinem Werk „Ab urbe condita“:
„Um dieser Gewalt eine geeignete Gelegenheit und einen geeigneten Ort zu verschaffen, verbarg Romulus seine Wut und ließ fleißig feierliche Spiele für den Reiter Neptun vorbereiten; die Konsualien riefen. Er befahl, den Nachbarn das Spektakel anzukündigen; und sie betrieben dies mit so großem Aufwand, wie sie nur kannten und konnten, um die Sache großartig und eindrucksvoll zu machen.“
Es lebte eine Ritterschaar,
Zu Roma schon so manches Jahr;
Doch wurmte es die Edlen sehr,
Daß jeder ohne Weiblein wär‘.
Das Ding kann so nicht weiter geh’n;
Das werden alle wohl versteh’n.
„Wir helfen uns aus dem Verdruß“,
meint da der Feldherr Spurius,
(Im Genetivus Spurii!)
Die Ritter seufzten: „Jemini!“
Der Nothstand war nicht zu verhehlen:
„Woher die Weiber und – nicht stehlen?“
Da schilt der große Schlachtenlenker:
„Ihr zweifelt jetzo? Nun zum Henker!
Ihr habt ja nicht ’nen Pfennig Witz!
Wir stehlen Weiber uns; Potz Blitz!
Ein Jeder nimmt sein hohes Rad,
Das uns so manchen Dienst schon that.
Wr holen uns damit die Maid,
Kühn wie sich’s ziemt für Radlersleut‘!
So machen wir’s. Nun holet mir
Flugs Tinte her und auch Papier!“
Mit Wasser wird die Tinte aufgeweicht,
Dass Spurius seinen Zweck erreicht.
Er schreibt ein riesiges Plakat:
„Heut‘ findet großes Rennen statt!
Es ladet auch Sabinum Stadt
Zum Zuschau’n ein
Der Magistrat!„
Sabinums Weiblein war’n bekannt
Die schönsten rings im ganzen Land;
D’rum schmunzelte die Ritterschar,
Als Spurius zu Ende war.
Packträger trugen das Plakat,
Bis ganz Sabin ’s gelesen hat.
Groß war der Zulauf aller Orten,
Als an Sabinums Ehrenpforten
Kam angeradelt uns’re Schaar,
Die fesch vom Fuß zum Scheitel war.
Der Bürgermeister hielt ’ne Rede:
„Wie ganz Sabin sich freuen thäte.“
Dann unter lautem Böllerschuß
Begann die Wettfahrt Spurius.
(Sogar die alten Römer verwendeten Kanonen der Firma Krupp!)
Doch, während athemlos die Menge
Dem Schauspiel zusieht – ins Gedränge
Stürzt aus der Bahn sich rasch die Schaar
Der Radler auf den Platz (es war
Nicht taktvoll!) wo die Mägdlein saßen,
Recht weit von Müttern und von Basen.
Ein jeder Ritter nahm sich seine;
Der eine Dicke, der and’re Kleine.
(Es ist über den Geschmack einmal
Nicht gut zu streiten, sintemal
Ein jeder einen and’ren hat!)
In schnellem Lauf nach Roma’s Stadt
Sprengt mit den Weiblein jetzt der Troß.
Sabinum wußte nicht, was los –
Und hielt das Ganze erst für Scherz,
Doch bänger wurde nun ihr Herz,
Als sie die Radler nicht mehr sah’n.
Die Weiblein auch, die Roma nah’n,
Zu Rosse neben ihren Rittern,
Sie fangen jetzt mit lautem, bittern
Geschluchze an. Doch thaten wohl
Die Rittersleut‘ ihr Bestes voll;
Denn wie uns die Geschichte lehrt,
Hat keine mehr nach Haus begehrt.
Und auch Sabinums wack’re Väter,
Die erst den Rittern Donnerwetter
Auf ihren Hals geflucht, ich glaube,
Sah’n gern die Maidlein unter der Haube.
Sie waren bald sehr froh darob;
Und dachten: „Endlich! Gott sein Lob!“