Schon 1930 gab es bei Wahlveranstaltungen brachiale Kämpfe. Bei den Reichstagswahlen am 14. September 1930 steigerte die NSDAP ihre Mandatszahl von 12 auf 107 Sitze. Die KPD erhielt 77, die SPD 143 Sitze. Damit gelang der NSDAP der Durchbruch. Sie profitierte von der allgemeinen Wirtschaftskrise (Schwarzer Freitag) und einer gestiegenen Wahlbeteiligung. Unterstützt von Hindenburg, hielt Brüning aber am System der Minderheitsregierung fest.

 

Die Verse zu diesen Zeichnungen vom 30. August 1930 wurden mit großer Wahrscheinlichkeit von Dr. Adlmaier verfasst; er verwendete gerne die erste Zeile bekannter Gedichte. Hier ist es das Gedicht „Allerseelen“ des heute weitgehend unbekannten österreichischen Dichters Hermann von Gilms. Das Gedicht beginnt mit: „Stell auf den Tisch die duftenden Reseden …

Stell auf den Tisch die Maßkrüg mit den Ketten,

 

Stell auf den Tisch die Maßkrüg mit den Ketten,
Und auch die Schlösser bring herbei,
Denn woaßt Sepp, drauf möcht i glei wetten,
’s gibt doch hernach a Rauferei!
 
Zieh an die Uniform des Tauchers,
Bepanzer dir wie ’n Ritter deine Brust,
Setz auf den Raupenhelm, den alten,
Denn eine Wahlversammlung heut ist eine Lust.
Zieh an die Uniform des Tauchers,
Die Feuerwehr steht auch bereit zum Spritzen,
 
Die Feuerwehr steht auch bereit zum Spritzen,
Der Banzenmax schwingt gar den Schlegel weit,
Kriagst davo oans auf’s Dach, dös tuat fei sitzen –
Beim Streit um unseres Reiches Herrlichkeit.
 
Den Redner aber sieht man hinterm Gitter,
Das aus verzinktem Drahtgeflecht;
Ist, daß er nicht frei spricht, für seine Freund auch bitter,
Die Gegner, die hör’n desweg’n grad so schlecht.
Den Redner aber sieht man hinterm Gitter, Das aus verzinktem Drahtgeflecht;

Hier noch zwei Karikaturen aus dem Jahr 1930. Die erste zeigt die Gründung neuer Parteien; die Szene findet vor dem Reichstag statt. Die zweite verdeutlicht, welche Schwierigkeiten aufgrund der Wahlergebnisse vom 14. September 1930 nun auf den „Deutschen Michl“ und „Germania“  zukommen werden.

Gründungsfest neuer Parteien

Vivat hoch die Einigkeit!
Endlich sind wir mal so weit,
Daß wir hamm das Stiftungsfeste,
Die Partei ist doch die beste.

Zwar gibt’s mancherlei Verdruß,
Vor erschallt der Friedenskuß.
Mancher möcht auf’s Stangerl auffe,
Sieht, wie er sich zuawi raufe.

Heiße Köpfe, Buckelnüß,
Austritt und Parteiverschiß –
Bua, die Leut‘ hamm gute Magen,
Alles können sie vertragen.

Wenn ich’s doch erleben könnt‘,
Daß ois auseinander rennt.
Dies sei unser Schlachtgeschrei:
Hoch die tausendste Partei!

Gründungsfest neuer Parteien
Das neue Gespann

Das neue Gespann

Im Zirkus „Deutschland“ geht’s jetzt zua,
Dös mögst nöt glaubn, mei liaber Bua,
Die neuen Roß soll’n eing’spannt wer’n
Und zuschaugn tun die fremden Herrn.

Die braven Rappen geh’n schon guat,
Die sind a weng vom kältern Bluat,
Jedoch der Schimmi und die Fuxen,
Die hamm da sakrisch fade Muxen.

Unds Bräundl mit hoaßen Bluat,
Des steigt in d‘ Höhe, ob dös tuat guat?
Zu guter Letzt der russisch‘ Krüppi,
Der brauchat statt der Goaßl den Knüppi.

Mei liaber Michi mit dein Karrn
Wirst du mit dene Roß guat fahrn?
I wünsch, du kommst um d‘ Reibn guat rum
Sunst fallt das ganze Wagl um.

 

Am Wahltag / Nach der Wahl