Urlaub 1928/1929

in den "Goldenen Zwanzigern"

In der zweiten Hälfte der Zwanziger Jahre konnte sich in Deutschland ein gewisser Wohlstand entwickeln. Für Teile der Bevölkerung war auch ein bescheidener Urlaub im bayerischen Oberland oder in den Bergen möglich, was sich in einigen Karikaturen von Emil Kneiß widerspiegelte.

Schreckliche Folgen des Fremdenverkehrs

Bekahntmachung

Intem das der Her Brofeßer
Spinneiserl süch in ter Ge-
meintekahnzlei beschwört had
intem das der Gogel fon Hern
Ekohnomirad Fidus Mastochsner
ihmer zu frihe sein Geschreu er-
höbet, haben vierderhin die Hern
Gogel fon nun ab erscht um
8 Uhr Formidak ühre Schtime
zu erhöben.
Der Gemeinterat

An alle Gockeln!

Da G’meinderat hat heut an schwierigen Fall;
mei Liaba, so Sachan gibts net überall!
Daß d’Gockln auf d’Kurgäst’ koa Rücksicht net nehma
De müahsama Viecha, de wern ma scho kema!
De Fremd’n, de brauchan do a eana Ruah,
Wenns hoamkemma oft erst um drei in der Fruah
Und d’Leut allsamt g’weckt ham mit eanern Geplärr;
Na kemmatn d’Gockln erst a no daher!
Wenn von jetzt ab vor sechse a Gockl no schreit,
Dös merkts enk, ös Viecha, um an solchan is g’feit!
An solchan den stechan ma kurz weg glei o,
Für was war denn nacha da Kurverein do!?

Herr Knese fahrt nach Bayern rein,
Er will was sehn, vastehste!
Jedoch die Aussicht ist schon hin
Bei so ’nem Anblick – weeßte.

Herr Knese fahrt nach Bayern rein, ...
Geheimrat Dipferl wandert aus

 

Geheimrat Dipferl wandert aus
Zu de Schlawacken ummi
Damit er nöt ganz og’fiselt werd
Schlaft er am Stuhl, der Hummi!

 

 

Ins Moorbad reist der Zipprer Max,
Und sie hockt hinten auf da Ax.
Bei Münsing hint, da kimmt aa Reib’n –
Sie kunntn gleich in Münsing bleib’n.

   Ins Moorbad reist der Zipprer Max,
Urlaub 1929 und eine ernste Mahnung

Der Tod geht durch die Lande
Und erntet da und dort –
Im neuen Zeit-Gewande
Holt er die Menschen fort.

Mit knatternden Motoren
Jagt er los auf sein Ziel,
Als hätt‘ er sich geschworen,
Was er erreichen will.

 

Die Rücksicht auf den andern
Gar häufig dabei fehlt,
Wo kann man heut noch wandern
In Ruh‘ auf dieser Welt?

Pressieren tut’s halt immer
– Auch wenn’s gar nicht pressiert –
Pressieren tut es nimmer,
Ist erst etwas passiert.

Wir brauchen keine Seuchen,
Auch keinen Krieg mehr führen,
Wir tun heut durchs „Derrennen“
Schon genug Leut‘ verlier’n.

 

Bild Laß dir Zeit ...

Ein „Haberfeldtreiben“ wurde 1826 erstmalig dokumentiert; Näheres erfährt man hier (zu einer Ausstellung über das Haberfeldtreiben in Miesbach) Oder in einem neuerschienenen Buch des Volk-Verlags: „Als wär die Höll’ ausgelassen“ des Autors Elmar Schieder.

Die Verse zur Kneiß-Zeichnung stammten von Dr. Conrad Adlmaier, der seit dem 10. Juli 1929 als Nachfolger von Klaus Eck der Hauptschriftleiter im Bayerischen Zeitungsblock war. Dr. Adlmaier hatte 1926 ein Buch mit dem Titel „Der Oberländer Habererbund“ verfasst; er war also ein Kenner der Materie. Der aktuelle Anlass waren die im Dezember 1929 durchgeführten Kommunalwahlen.

Dass von 36 Jahren die Rede ist, bezieht sich auf das Jahr 1893. In diesem Jahr wurde bei Miesbach ein Haberfeldtreiben abgehalten; die Gendarmerie nahm damals über 100 Personen fest.

 

Im Auftrag vom Kaiser Karl im Untersberg müaßt ma nach 36 Jahr wieda amoi Hobafeld treim,

Sünst taat da Bürgermoasta no zwanzg Jahr auf sein Sessel hocka bleim

Bild Haberfeldtreiben 1929

Schaugts’n o, da steht er, da Bürgermoasta,
Er werd it mogrer, er werd oiwai foasta.
Frißt Saufleisch und Gickerl, is aufs Saufa verruckt,
Vo da Arbat hat er se meistens schö druckt.
      Manna, is wohr? Wohr is! Na treibts zua!

 

Znachst hat eahm da Schreiba aa Schriftstück vorglegt,
Daß aan Simmeibauan sei Kuah is verreckt.
Weils sei Vetta is, hot ers freigebn.
Ja sowas müaßt ma heut no dalebn.
       Manna, is wohr? Wohr is! Na treibts zua!

 

De Schuldn vo da Gmoa saan unheimli gstiegn,
Vo da Gmoasitzung is er gar oft wegablieben.
Ja oamoi hat er gschlafa im Ausschuß wia nöt gscheid
Is dös aa no aa Bürgermoasta? So frag i enk Leut.
       Manna, is wohr? Wohr is! Na treibts zua!

 

Fünf Jahr hat er gfaulenzt, des is ja koa Frag,
Aba jetzt kimmt gar schleuni da Abrechnungstag.
Er waar ja ois Mo sunstn gar it so schlecht,
Aba fimf andre wolln gwählt wern, drum is er nöt recht.
       Manna, is wohr? Wohr is! Na treibts zua!

 

Jetzt hob i eahm d’Sündn oisamt volesen,
Bei de Gmoawahln werd auskehrt mit eiserne Besn.
Es Burgermoasta, mirkts Enk in Stadt und am Land,
Bei der Wahlzeit, da woaß ma bloß d’Sündn und d’Schand.
          Manna, is wohr? Wohr is! Na treibts zua!

 

Nachdem wir boid wieda in Untersberg müaßn,
Tean ma jetzat unsa Treim wieda beschlüaßn.
Des nächste Moi kemman Gemeinderatsmitglieder dro,
Do kriagt nachat aa jeda sein Senf und sein Lohn.
Zum Schluß laß ma de boarische Einigkeit lebn,
Und tean uns jetzt schleuni zu de Gmoawahln begebn.