Die Melodie „Als ich noch Prinz war von Arkadien“ stammt aus der Operette „Orpheus in der Unterwelt“ von Jacques Offenbach, die 1858 uraufgeführt wurde. Der Text wurde bis ins 20. Jahrhundert gerne mit aktuellem Bezug abgeändert.

Hier eine Interpretation von Theo Lingen.

Schneidermeister Purzler nach dem Sturz

I.

Gar sehr riskirt ist doch das Fahren,
Sei noch so stark gebaut das Rad,
Denn, ach! es drohen meist Gefahren
Wovon man keine Ahnung hat.
D’rum, Augen offen halten, heißt es,
Und übersehen hübsch den Pfad –
Schau rechts und links, sonst sicher schmeißt es
Dich auf die Erd, es ist ein Staat!
Du mußt vor Schaden dich bewahren. –
Es ist ein heikel Ding, das Fahren,
Velo= Velo= cipedfa=ahren.

II.

Jüngst fuhr ich auf dem Bicyclette
Vergnügt ins nahe Dorf hinaus,
Wollt mal besuchen die Jeanette,
Da schaut‘ sie g’rad‘ zum Fenster ‚raus.
Nun hieß es: schneidig defilieren!
Ich richte kühn mich auf und keck,
Um elegant zu salutieren,
Und — plumps! Da lag ich schon im Dr…
Ich tat den Rinnstein nicht gewahren —
Es ist ein heikel Ding, das Fahren,
Velo= Velo= cipedfa=ahren.

Herr Purzler stürzt vor dem Fenster der Angebetenen
Purzler kämpft mit einer Bremse

III.

Am letzten Sonntag Nachmittage
Fuhr ich hinüber an den Rhein,
Da stach (o je! war das ’ne Plage)
’ne große Bremse mich ins Bein.
Ich schlug darnach, kurz angebunden,
Und schrie: „Gehst ‚runter, Lumpenvieh!“
Schwapp! — lag ich Ärmster selber unten
Und hielt dem Luder Compagnie.
Der Teufel treibe sie zu Paaren!
Die Bremsen brauchen nicht zu fahren,
Velo= Velo= cipedfa=ahren.

IV.

Bei Dings, dahinten auf der Straße,
Stieß ich bei rabenschwarzer Nacht
’nen bied’ren Landmann an die Nase,
Weil mir der Mann nicht Platz gemacht.
Da warf sogleich ein Dutzend Steine
Nach mir der miserable Tropf,
Fünf trafen mich an Arm und Beine,
Drei auf den Bauch, vier an den Kopf.
Gott möge mich davor bewahren —
Nicht werd‘ ich dahin wieder fahren,
Velo= Velo= cipedfa=ahren.

Ein Bauer wirft mit Steinen auf Herrn Purzler
Purzler stürzt einer ältlichen Frau in die Arme

V.

In Fidelbach, bei Posemuckel,
Wo noch im März die Veilchen blüh’n,
Da macht der Weg ’nen großen Buckel;
Der Straße bin ich gar nicht grün.
Dort fiel ich einst beim ‚Runterfahren
Im Todesschrecken unbewußt,
Um vor dem Sturz mich zu bewahren,
’ner alten Schachtel an die Brust.
Die aber ließ mich nicht mehr fahren —
Ich ward ihr Mann. Das kommt vom Fahren,
Velo= Velo= cipedfa=ahren.

VI.

Allüberall wohin ich radel,
Verfolgt mich stets mein Mißgeschick.
Der Ritter ohne Furcht und Tadel
Auch er bricht endlich sich’s Genick.
Heut wollte Einer gar, o Schrecken!
Als ich an ihm vorbeigesaust,
’nen Zaunpfahl in die Speichen stecken
— so wird mit Rad=Sportsmen gehaust.
Doch diese Sorgen kann ich sparen.
Ich werd‘ von heut‘ ab nicht mehr fahren,
Velo= Velo= cipedfa=ahren.

Ein Bauer wirft mit Steinen auf Herrn Purzler
"Donnerwetter, ist das Velocipedfahren eine gefährliche Geschichte!"

Das Gedicht wird mit Emil Pollok unterzeichnet. Das deutet einerseits auf Emil (Kneiß) hin; zum andern ist Pollok vielleicht ein Hinweis auf Richard Braunbeck, der später als Pseudonym „T. Pollak“ verwendete.